Wie wichtig eine konsequentere Unterstützung unserer Forschungslandschaft inklusive des deutlichen Abbaus von bürokratischen Hemmnissen gerade bei Zukunftsthemen wie Wasserstoff und Quantentechnologien ist, haben auch meine Gespräche mit Wissenschaftlern der Leibniz-Gemeinschaft diese Woche erneut deutlich gemacht.
Wir dürfen nicht zulassen, dass Deutschland und Europa die teuren Entwicklungskosten tragen, um diese Technologien bis zur Marktreife weiterzuentwickeln, um anschließend dabei zuzusehen, wie China und andere Länder mit kostengünstigen Produkten auf dieser Basis das Geld verdienen. Es wäre nicht das erste Mal, wie die Beispiele Solarzellen und MP3-Player zeigen.
Das Format „Leibniz im Bundestag“ ist übrigens ein tolles Angebot aus der Wissenschaft, das ich sehr gerne nutze, um mich immer wieder aus erster Hand über wichtige Entwicklungen bei meinen Berichterstatterthemen zu informieren.
Eine Vielzahl von Themen stand wieder einmal zur Auswahl – insgesamt rund 560!
Ariadne zeigt, wie die Wasserstoffstrategie gelingen kann
Mit Dr. Falko Ueckerdt, Senior Scientist am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK habe ich über die nationale Wasserstoffstrategie gesprochen und über die Chancen, die ehrgeizigen Ausbauziele von 10 GW bei Elektrolyseuren bis 2030 tatsächlich zu erreichen.
Vorweg gesagt: Es ist sehr schwierig, aber machbar – auch wenn der grüne Wasserstoff bis dahin so knapp bleiben wird, dass er nur in bestimmten Industriebereichen einsetzbar sein wird, und auch die Wettbewerbsfähigkeit bis dahin sicher noch nicht erreicht sein wird.
Deshalb ist blauer Wasserstoff auf Erdgasbasis mit CO2-Abscheidung – z.B. in der Stahlindustrie bei Thyssen-Krupp – als Brücke vorerst weiter notwendig. Und deshalb ist von Seiten der Politik noch viel Unterstützung und Förderung gefragt.
Forschungsprojekt Ariadne
Dabei soll auch das Kopernikus-Forschungsprojekt Ariadne helfen. Ariadne ist der berühmte „Rote Faden“ durch die Energiewende. Kern des Ariadne-Projekts (=Evidenzbasiertes Assessment für die Gestaltung der deutschen Energiewende) ist ein Grünbuch-Weißbuch-Prozess. Dabei werden Optionen vorgestellt, wie die Politik so gestaltet werden kann, dass die Einhaltung der ambitionierten Klimaschutzziele in Deutschland mit gesellschaftlich akzeptierten Politikinstrumenten möglich ist.
Ariadne analysiert dabei alle Möglichkeiten – von der CO2-Steuer bis zum Verbot fossiler Brennstoffe.
Ariadne bezieht dabei auch neue gesellschaftliche und technologische Entwicklungen fortlaufend in die eigene Forschung mit ein, insbesondere die Ergebnisse der Kopernikus-Schwesterprojekte
- ENSURE (Stromnetz der Zukunft),
- P2X (Umwandlung von EE-Strom in Kunst- und Kraftstoffe, Gase und Wärme, z.B. Carbon2Chem, Rheticus)
- SynErgie (Wie kann die Industrie die Stromnachfrage an das Stromangebot anpassen?).
Mehr zu den Transformationsszenarien für die Wasserstoffwirtschaft finden Sie hier.
Dr. Falko Ueckerdt, Foto: PIK
Die Rolle der Mikroelektronik beim Quantencomputing
Mit dem Technologiepark-Manager der Forschungsfabrik Mikroelektronik FMD Dr. Andreas Grimm und mit Jörg Stephan von der Berliner Geschäftsstelle der FMD habe ich über die Rolle des der Mikroelektronik beim Quantencomputing in Deutschland und Europa gesprochen.
Forschungsfabrik Mikroelektronik
Die Forschungsfabrik Mikroelektronik ist ein einmaliger Zusammenschluss von 13 Forschungsinstituten bundesweit und bietet Unternahmen einen umfassenden und einfachen Zugang zu neuen Anwendungen der Mikro- und Nanoelektronik mit unterschiedlichen technischen Reifegraden. Die enge Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft bringt die Technologieentwicklung so viel schneller voran.
Und das ist wettbewerbsentscheidend, gerade wenn es um neue Technologien wie Quantencomputing geht.
Zukunft Quantentechnologien
Quantentechnologien haben das Zeug zum umfassenden „Game Changer“. Sie ermöglichen u.a.
- hochpräzise und leistungsfähige SensorikB. zur Messung von Hirnströmen,
- Hochleistungsmikroskopie,
- physikalisch abhörsichere Kommunikationsverbindungen,
- neue Formen der Verschlüsselung,
- oder die spielerische Lösung von RechenProblemen, an denen heutige Supercomputer scheitern, z.B. in den Bereichen Finanzdienstleistungen, Materialentwicklung, Medikamentenentwicklung, Logistik oder Chemie.
Bisher befindet sich insbesondere die praktische Anwendung des Quantencomputing jedoch noch am Anfang. Aber die deutsche Forschungslandschaft steht mit an der Weltspitze, wenn es um die Grundlagenforschung geht und zunehmend auch darum, die Technologie bald so zu beherrschen, dass sie für neuartige Anwendungen fit wird.
Und dafür ist auch neueste Mikroelektronik notwendig.
Die Konkurrenz aus den USA und Asien im Bereich Mikroelektronik ist jedoch überwältigend – weil dort auch viel höher subventioniert und weniger von Bürokratie belastet.
Deshalb hat bereits die unionsgeführte Bundesregierung ein milliardenschweres Förderprogramm für die Quantentechnologien aufgelegt und die Forschungsfabrik Mikroelektronik unterstützt. Deshalb hat auch die EU bereits 2018 ein großes IPCEI-Förderprojekt Mikroelektronik zur länderübergreifenden Entwicklung neuer mikroelektronischer Produkte beihilferechtlich genehmigt, prüft zurzeit das zweite IPCEI Miktroelektronik und hat ein großes europäisches Förderprogramm für die Halbleiter, den Chips Act mit einem Volumen von 43 Mrd. Euro angekündigt.
Viele Fragen sind derzeit noch offen, technisch und politisch. Aber solange Experten wie Dr. Grimm und Dr. Stephan, ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter in der Forschungsfabrik Mikroelektronik und unsere Forschungspolitiker daran arbeiten, diese Fragen zu beantworten, bin ich zuversichtlich, dass wir unsere Wettbewerbschancen wahren können.
Herzlichen Dank für die aufschlussreichen Gespräche!
© Fraunhofer Mikroelektronik