Debatten und Expertengespräche: Berufsausbildung attraktiver machen - Berufserfahrungen anerkennen - BAföG richtig reformieren!

Debatten und Expertengespräche: Berufsausbildung attraktiver machen - Berufserfahrungen anerkennen - BAföG richtig reformieren!

Wie wirken wir dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegen und schaffen gleichzeitig für alle jungen und auch älteren Menschen die bestmöglichen beruflichen Perspektiven, ganz unabhängig von ihrer Herkunft und von ihren finanziellen Möglichkeiten? Auf diese Fragen brauchen wir dringend Antworten.

Im Forschungsausschuss haben wir deshalb intensiv mit Experten über die anstehende Bafög-Reform und die bessere Anerkennung beruflicher Kompetenzen von Menschen ohne formalen Berufsabschluss diskutiert. Unsere Vorschläge dazu liegen auf dem Tischebenso unsere Forderungen dazu, wie wir die berufliche Ausbildung attraktiver machen und die Berufsorientierung verbessern können.

Wie groß der Handlungsbedarf ist, hatte schon die Debatte zum Berufsbildungsbericht 2024 in der letzten Sitzungswoche gezeigt.

Berufsausbildung attraktiver machen – Berufsorientierung verbessern:

Leider entscheiden sich immer weniger junge Menschen bei uns für eine berufliche Ausbildung. Und nicht nur das: Rund 630.000 Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren gehen weder zur Schule, noch machen sie eine Ausbildung, noch gehen sie arbeiten, Tendenz steigend – Stichwort NEETs (Not in Employment, Education or Training).

Nationale Qualitätsoffensive zur Berufsorientierung gefordert

Mein AG-Kollege Stefan Albani hat deshalb in seiner Rede zu unserem Antrag besonders die dringend notwendige Verbesserung der Berufsorientierung in unserem Bildungssystem angemahnt und eine nationale Qualitätsoffensive zur Berufsorientierung gefordert

Wir müssen unbedingt sicherstellen, dass junge Menschen frühzeitig – und zwar schon ab dem Grundschulalter – ihre Talente erkennen und über ihre beruflichen Möglichkeiten informiert werden, damit sie fundierte Entscheidungen über ihren Berufsweg treffen können.

Foto: Screenshot Parlaments-TV

Ausbildungssystem attraktiver machen

Wir fordern darüber hinaus: Die berufliche Bildung soll auch weiter ein Aushängeschild für Deutschland bleiben. Sie ist essenziell für den Fachkräftenachwuchs, eine starke Wirtschaft, die Digitalisierung und die Integration junger Menschen.

Damit dies so bleibt, brauchen wir eine nationale Qualitätsoffensive:

  • Wir wollen das duale Ausbildungssystem attraktiver machen, besonders durch regelmäßige Modernisierung und den Aufbau von Azubi-Campi.
  • Auf den regionalen Azubi-Campi sollen Azubis die Möglichkeit erhalten, ein an die Unternehmen vor Ort angepasstes Spektrum an Ausbildungsberufen zu erlernen.
  • Wir müssen die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Abschlüsse besser fördern und müssen unser Aus- und Weiterbildungssystem flexibler und durchlässiger Ein Stichwort dazu: Studium ohne Abitur.
  • Dazu müssen wir auch den Deutschen Qualifikationsrahmen, der es leichter macht, unterschiedliche Qualifikationen zu vergleichen, gesetzlich verankern und so verbindlich machen.

Wir haben hier schon zu viel Zeit verloren. Es gibt dazu auch viele gute Vorschläge der Enquete-Kommission zur beruflichen Bildung aus der letzten Legislaturperiode, die immer noch nicht umgesetzt sind.

Anhörung: Wir können wir berufliche Kompetenzen bei Menschen ohne formalen Abschluss besser anerkennen?

Die Sachverständigen in der Anhörung zum BVaDiG, Foto: Screenshots Parlaments-TV

Nicht nur, dass jeder Fünfte zwischen 20 und 34 Jahren keinen formalen Berufsabschluss hat – nimmt man die älteren dazu, betrifft das insgesamt rund 5,5 Mio. Menschen in Deutschland.

Viele davon haben jedoch über die Jahre berufliche Kompetenzen an ihrem Arbeitsplatz erworben, die durchaus vergleichbar sind mit den Kenntnissen von Menschen mit Berufsabschluss.

Mit dem geplanten Berufsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz BVaDiG will die Bundesregierung erreichen, dass diese Kompetenzen formal anerkannt werden, damit auch diese Menschen bessere berufliche Perspektiven, bessere Bezahlung und Aufstiegsmöglichkeiten erhalten. Gleichzeitig soll die berufliche Bildung digitalisiert und entbürokratisiert werden.

Nachbesserungsbedarf bei der Validierung beruflicher Kompetenzen

Eine gute Idee. Aber wie unsere Expertenanhörung dazu am Montag gezeigt hat, gibt es bei diesem Gesetzentwurf durchaus Nachbesserungsbedarf.

Wesentliche Aussagen der Experten, darunter die von uns eingeladenen Sachverständigen Thomas Hesse von der IHK Dresden und Rolf Meurer vom Bundesverband der Kreishandwerkerschaften, decken sich mit unseren Vorstellungen:

  • Die Anerkennung informell erworbener beruflicher Kompetenzen von Menschen ohne Berufsabschluss ist wichtig, denn sie gibt den Menschen neue Perspektiven, macht sie anschlussfähig an das Aus- und Weiterbildugnssystem und kann helfen, den Fachkräftemangel zu beseitigen.
  • Gute Erfahrungen wurden bereits mit dem vom BMBF geförderten Projekt Valikom Transfer gemacht, an dem sich seit 2018 bundesweit 32 Kammern beteiligen, darunter die IHK Dresden. Erfasst werden aktuell aber bisher nur rund 46 von über 320 Ausbildungsberufen, bei der IHK Dresden werden für 21 Berufe Valdierungsverfahren angeboten. Dort beträgt das Durchschnittsalter der Teilnehmer/innen rund 43 Jahre.
  • Die Berufsvalidierung darf die Berufsausbildung nicht ersetzen, es darf kein Parallelsystem zur beruflichen Bildung aufgebaut werden. Deshalb muss es ein Höchstalter für die Teilnahme an Validierungsverfahren von 25 Jahren
  • Die Validierungsverfahren müssen im Hinblick auf sicherheitsrelevante Berufe mit Vorsicht gehandhabt werden.
  • Es sollte geprüft werden, ob die Validierungsverfahren auch außerhalb der Kammern durchgeführt werden können, um Personalengpässen vorzubeugen.
  • In die Berufsvalidierung nach dem neuen Gesetz sollen mehr Ausbildungsberufe einbezogen werden und eine breitere Beteiligung erreicht werden. Dazu braucht es eine längere Vorbereitungszeit. Das Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2025 sollte deshalb überdacht

Mehr Infos zur Anhörung – auch zum Nachhören – gibt’s hier.

BÄföG auf die Höhe der Zeit bringen.

Zu geringe BAföG-Bedarfssätze, zu geringe Freibeträge, zu lange Bearbeitungszeiten bei den Anträgen, Abschreckung durch drohende Überschuldung der Studierenden, fehlende Wirksamkeitsevaluation – so lautete die Kritik der Expert/innen bei der Anhörung zur geplanten BAföG-Reform der Bundesregierung.

Das bestätigt unsere Kritik, dass die groß angekündigte strukturelle BAföG-Reform der Ampel weit hinter den Erwartungen zurückbleibt.

Deshalb fordern wir in unserem Antrag, der ebenfalls Grundlage der Anhörung war, eine bedarfsgerechte Erhöhung der Bedarfssätze – und zwar durch eine unabhängige Kommission – weniger Bürokratie und eine vollständige Digitalisierung bei der bisher äußerst komplizierten und langwierigen Antragstellung.

Unsere Studentinnen und Studenten brauchen ein BAföG, von dem man leben und studieren kann – wir müssen das BAföG deshalb auf die Höhe der Zeit bringen.

Mehr Infos zur Anhörung – auch zum Nachhören – gibt’s hier.

Was noch?

Gaza:
Im Menschenrechtsausschuss haben wir mit dem Chef des Palästinenserhilfswerks UNRWA Philippe Lazzarini über die apokalyptische humanitäre Lage in Gaza infolge des Terrorangriffs der Hamas auf Israel und die Gegenreaktionen Israels diskutiert, die sich der Offensive des israelischen Militärs in Rafah nochmals verschlechtert hat – und über die schweren Vorwürfe gegen UNWRA-Mitarbeiter von Seiten Israels, an den Anschlägen vom 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein. Was ist da dran, und wie kann die UNWRA unter diesen Umständen weiter von uns finanziell unterstützt werden?
Mehr dazu hier. Foto: Screenshot Parlaments-TV

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Elementarschadenversicherung:
Angesichts der zunehmenden Klimaschäden, wie jetzt auch durch die Hochwasserkatastrophe im Süden Deutschlands, haben wir vorgeschlagen, den privaten Versicherungsschutz für Elementarschäden wie Überschwemmung und Starkregen auszuweiten, um so viele Eigentümer vor dem Ruin zu schützen. Die Gebäudeversicherung deckt das nämlich nicht ab. Die Ampel hat unseren Antrag abgelehnt – aber wo sind ihre Alternativen?

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Klimaziele gefährdet:
Unser energiepolitischer Sprecher Andreas Jung hat in einer Aktuellen Stunde die Ampel dafür kritisiert, dass sie im Haushalt nicht die richtigen Prioritäten für den Klimaschutz setzt und deshalb die Einhaltung der selbstgesetzten Klimaziele 2030 gefährdet. Der Expertenrates für Klimafragen hält die Annahmen der Ampel zur Senkung der Treibhausgase jedenfalls für zu optimistisch.

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Infos zu allen Debattenpunkten:

finden Sie wie immer hier und in den Plenarprotokollen.

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Infos zur Arbeit der CDUCSU-Bundestagsfraktion:

Eine Übersicht zu unseren Initiativen finden Sie hier – und eine Übersicht zu unseren Veranstaltungen hier.