Diese Sitzungswoche stand ganz im Zeichen von Europa, denn – bitte nicht vergessen! – am Sonntag findet die Europawahl statt.
Spannendes Gespräch mit EU-Forschungskommissarin Ivanova: Mit Innovation an die Weltspitze
Im Forschungsausschuss haben wir mit EU-Forschungskommissarin Iliana Ivanova darüber diskutiert, wie wir Bildung, Forschung und Innovation in der EU und damit unsere Wettbewerbskraft insgesamt weiter stärken können.
Forschungskommissarin Ilana Ivanova mit dem Ausschussvorsitzenden Kai Gehring, Foto: Screenshot Parlaments-TV
Wichtige Impulse dafür geben das Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe und das Austauschprogramm Erasmus Plus für Auszubildende, Studierende und Forschende.
Erasmus Plus
Erasmus Plus ist mit 26 Mrd. Euro bis 2027 eins der größten Bildungsaustauschprogramme. Es fördert die Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen und die Mobilität von Einzelpersonen durch Studienaufenthalte, Praktika für Studenten und Auszubildende, Lehr- und Fortbildungsaktivitäten in ganz Europa. Der Zugang soll für alle Menschen und Organisationen weiter erleichtert werden.
Horizon Europe
Horizon Europe stellt bis 2027 95,5 Mrd. Euro für die Forschung bereit und ist damit das größte Forschungsprogramm der Welt.
Es lässt eine Hebelwirkung von 1:5 wie sein Vorgängerprogramm erwarten, d.h. jeder Euro an Programmkosten wird den EU-Bürgern bis 2040 fünf Euro an Nutzen bringen und damit beweisen, wie wertvoll Investitionen in Forschung und Innovation für die europäische Gesellschaft sind.
Leider besteht damit immer noch eine Finanzierungslücke für die europäische Forschung von 100 Mrd. Euro pro Jahr, denn von dem Ziel, 3% des BIP für Forschung auszugeben und damit zum innovationsstärksten Wirtschaftsraum der Welt zu werden, sind wir in der EU mit 2,2% noch weit entfernt. Zum Vergleich: Die USA geben 3,5% aus, Japan 3,4%, Deutschland 3,1% und China – schnell steigend – 2,4%.
Rahmenbedingungen für Wagniskapital verbessern
Die Forschungskommissarin setzt sich deshalb insbesondere dafür ein, die Rahmenbedingungen für private Wagniskapitalinvestoren endlich zu verbessern, denn nur sie können helfen, diese Finanzierungslücke zu schließen und vor allem: unsere Startups so gut finanzieren, dass sie nicht in die kapitalträchtigen USA abwandern.
Weitere Themen waren:
- die Arbeit des Europäischen Innovationsrates, der u.a. Start-ups mit Kapital unterstützt, um das Risiko für private Investoren zu minimieren,
- die wichtige Rolle der Grundlagenforschung in den Forschungs- und Innovationsprogrammen weiter, ohne die auch die schnelle Entwicklung des mRNA-Corona-Impfstoffs von Biontech nicht möglich gewesen wäre.
- Maßnahmen, um die Teilnahme von KMUs an europäischen Programmen zu verbessern,
- die Anwendung des „Do No Significent Harm“-Prinzips in der europäischen Forschungs- und Innovationsförderung – ein wichtiger Ansatz, um die Forschung nachhaltiger und sicherer zu machen,
- der Schutz der Meisterpflicht in Deutschland, um unser handwerkliches Erbe zu erhalten,
- der geplante europäische Hochschulabschluss, der keine Konkurrenz zu anderen Abschlüssen darstellt, sondern dem Bürokratiebau dient,
- die Förderung von Science Diplomacy, um auch in Krisenzeiten wichtige Gesprächskanäle mit anderen Ländern über die Wissenschaft offenzuhalten,
- der Ausbau von Schutzprogrammen für Wissenschaftler aus autoritären Regimen,
- Hilfen für die Ukraine, um das dortige Wissenschaftssystem wieder aufzubauen nach dem Krieg,
- Lehren aus der Evaluierung des Vorgängerprogramms Horizon 2020 zu ziehen, um die Forschungsförderung in Europa noch wirkungsvoller zu machen.
Herzlichen Dank für den sehr intensiven Austausch!
Unsere Europa-Expertin Inge Gäßle bei der Befragung, Foto: Screenshot Parlaments-TV
Unsere Forschungs-AG mit EU-Forschungskommissarin Ivanova, Foto: Sephan Albani MdB
Deutsche Interessen in Europa kraftvoll vertreten und deutsch-französischen Motor wieder anwerfen!
In der Europadebatte am Freitag haben wir kritisiert, dass sich Deutschland wegen der Uneinigkeit der Ampelpartner bei wichtigen Abstimmungen in Europa allzu oft enthält. Das Negativschlagwort „German Vote“ macht die Runde. Damit verlieren wir an Verlässlichkeit und an Einfluss in Europa.
Stattdessen müssen wir unsere Interessen wieder kraftvoll vertreten – gerade wenn es darum geht, eine starke europäische Antwort auf die großen Herausforderungen unserer Zeit zu geben, allen voran Frieden, Sicherheit, Klimaschutz, Wohlstandssicherung.
Ich kann nur unterstützen, was unsere europapolitischen Experten Alexander Radwan und Günther Krichbaum dazu in der Debatte gesagt haben.
Deutsch-französischen Motor in Europa stärken
Unseren deutschen Einfluss in Europa können wir am besten sichern, wenn wir auch den deutsch-französischen Motor wieder anwerfen, der in den letzten Jahren leider etwas ins Stocken geraten ist.
In der gemeinsamen virtuellen Sitzung der Europaausschüsse des Deutschen Bundestages und der französischen Nationalversammlung ging es deshalb auch um neue Initiativen zur deutsch-französischen Zusammenarbeit.
Der deutsch-französische Motor muss insgesamt wieder an Zugkraft gewinnen, um Europa strategisch voranzubringen.
Deutsch-Französische Ausbildungspartnerschaft
Da passt es auch gut, dass wir am Mittwoch im Forschungsausschuss beschlossen haben, die deutsch-französische grenzüberschreitende Ausbildung zu vereinfachen. Erst in der letzten Sitzungswoche hatten wir dazu eine Debatte im Plenum.