Ausschuss-Anhörung: Menschenrechte im Sport besser durchsetzen - aber wie ?

Bei unserer Anhörung im Menschenrechtsausschuss haben wir gemeinsam mit Expertinnen und Experten erörtert, wie die Menschenrechte im Sport und im Umfeld von sportlichen Großveranstaltungen künftig besser durchgesetzt werden können.

Die Verletzung von Menschenrechten im Sport hat viele Gesichter. Das gilt besonders – aber leider nicht nur – für sportliche Großveranstaltungen:

Körperlicher und psychischer Missbrauch von Athletinnen und Athleten – Diskriminierung von Frauen – Rassismusfehlende Inklusion von Behinderten – eingeschränkte Meinungsfreiheittotale Überwachung der Sportler und „Zwei Wochen Knast mit Freigang“ bei den Olympischen Winterspielen in Peking, wie es ein Teilnehmer nannte – überhaupt der Missbrauch des Sports bei der Vergabe der olympischen Spiele an autokratische Länder wie China, das schwerste Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren begeht und damit auch die Olympische Idee konterkariert – katastrophale Arbeitsbedingungen und viele tödliche Unfälle auf den Baustellen für die Fussball-WM in Katar – um nur einiges zu nennen.

Befragung der Sachverständigen Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbands (Mitte), und Jonas Burgheim, Präsident des Zentrums für Menschenrechte und Sport, Foto: Screenshot Parlaments-TV

Welchen Einfluss haben Sportgroßveranstaltungen auf die Menschenrechtslage in Gastgeberländern?

Strittig unter den Sachverständigen blieb die Frage, ob die Vergabe von internationalen Sportgroßereignissen an menschenrechtlich kritische Länder die Situation in dem jeweiligen Land langfristig verbessertoder ob das Sportereignis von den dort Herrschenden nur zum „Reinwaschen“ genutzt wird.

So hat Katar zwar inzwischen unter Begleitung der Internationalen Arbeitsorganisation ILO arbeitsrechtliche Reformen wie neue Sicherheitsstandards, Mindestlöhne oder leichtere Kündigungsmöglichkeiten angetoßen. Aber gleichzeitig wird bezweifelt, ob diese Reformen nach der Fussball-WM noch Bestand haben werden.

Mit unserem AG-Vorsitzenden Michael Brand (links) und meinem Kollegen Dr. Jonas Geissler (Mitte) bei der Anhörung
Foto: Screenshot Parlaments-TV

Sport ist 10 Jahre im Rückstand

Zu denken gab mir auch die Aussage der früheren US-Fußball-Nationalspielerin Mary Harvey vom Centre for Sport and Human Rights:

Der Sport sei mindestens zehn Jahre im Rückstand, wenn es darum gehe, die Achtung der Menschenrechte in seine Aktivitäten einzubinden.

Nachdenklich …
Foto: Screenshot Parlaments-TV

Es gibt noch viel zu tun:

Ich schließe mich dem Urteil der Expertinnen und Experten an:

Menschenrechte und Sport gehören zusammen. Die Autonomie des Sports wird durch die Einhaltung von Menschenrechten nicht eingeschränkt.

Wenn der Sport seine gesellschaftliche Bedeutung behalten will, muss er verantwortungsbewusster werden – aber auch die Regierungen sind verantwortlich für Menschenrechte im Sport.

Wichtig sind besonders diese Maßnahmen:

Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte müssen auch im Sport verbindlich umgesetzt werden.

Die Menschenrechtskriterien müssen künftig gerade bei der Finanzierung des Sports eine Hauptrolle spielen.

Die Vergabe von Sportgroßveranstaltungen muss künftig streng an die Einhaltung von Menschenrechten gebunden sein.

Das IOC muss die Menschenrechte in die Olympische Charta aufnehmen und genügend Ressourcen bereitstellen, um gegen systemische Menschenrechtsverletzungen im Sport effizient vorzugehen.

Auch die Bundesregierung muss sich in ihrer Sportpolitik klarer zu den Menschenrechten bekennen.

Es braucht unbedingt einen verbandsunabhängigen Beschwerdemechanismus für betroffene Sportlerinnen und Sportler – interne Anlaufstellen genießen kein Vertrauen und reichen nicht aus.

Ein umfassender „Menschenrechts-Check“ im deutschen Spitzensport könnte viel bewirken.

Auf der Grundlage der Forschungsergebnisse der „Safe Sport-Studie“ müssen die Sportverbände ihre Maßnahmen zur Prävention von sexualisierter Gewalt im Sport systematisch weiterentwickeln.

Auch in jedem Sportverein muss das Bewusstsein für Menschenrechtsverletzungen im Sport geschärft werden – mehr Schulungsmaßnahmen für Übungsleiter könnten dabei helfen.

Gute Frage: Warum fehlten wichtige Sportverbände bei der Anhörung?

Menschenrechte im Sport können nur gemeinsam mit den Sportverbänden und den Vereinen durchgesetzt werden. Deshalb stellt sich zu Recht die Frage:

Warum haben der Deutsche Fußball-Bund und der Deutsche Olympische Sportbund an der Anhörung nur als Gäste, nicht aber als Experten teilgenommen?

Vorrang für Expertise in Sachen Menschenrechte

Die Antwort ist einfach. Angesichts der beschränkten Zahl der Experten bei dieser Anhörung hat unser menschenrechtspolitischer Sprecher Michael Brand in der FAZ sinngemäß betont: „Es geht hier um Menschenrechte im Sport, nicht um Sportorganisation und Lobbyarbeit. Deshalb haben wir nach gründlicher Analyse diejenigen Vertreter des Spitzensports eingeladen, die hier profiliert und inhaltlich stark sind. Bei der Anhörung geht es um mögliche Lösungen für die Zukunft.“

Ich stimme zu, besonders auch im Hinblick darauf: Bei großen Sportverbänden wie dem DOSB werden zwar Einzelfälle bei Menschenrechtsverletzungen verfolgt, aber es gibt keinen strategischen Ansatz für die Durchsetzung von Menschenrechten. Bei der FIFA gibt es einen solchen Ansatz zwar, aber es gibt Probleme bei der Umsetzung.

Das neue DOSB-Präsidium hat inzwischen versprochen, ein Menschenrechtskonzept zu entwickeln und auch im Bundestagtag zu präsentieren. Gut so!