Montag, Anhörung Menschenrechtsausschuss zum Thema „Völkermord an den Jesiden“: Als Stv. Ausschussvorsitzender des Menschenrechtsausschusses habe ich zum ersten Mal die Vorsitzende Renata Alt bei der Sitzungsleitung vertreten – und das gleich bei einem emotional so aufwühlenden Thema.
Mehr als 5.000 Jesiden sind seit 2014 durch Mitglieder der Terrororganisation IS „Islamischer Staat“ besonders in der Region Shingal im Nordirak verschleppt, versklavt, zur Aufgabe ihres Glaubens gezwungen, vergewaltigt, gefoltert, ermordet und in Massengräbern verscharrt worden. Noch immer werden über 2.700 jesidische Frauen und Kinder vermisst, Tausende leben in unwürdigen Verhältnissen in Flüchtlingslagern.
Während meiner Sitzungsleitung bei der Anhörung des Menschenrechtsausschusses – professionell assistiert von der Leiterin des Ausschuss-Sekretariats Andrea Eriksson, Foto: Screenshot Parlaments-TV
Das Grauen ist unvorstellbar – Anerkennung als Völkermord zwingend
„Das Grauen ist unvorstellbar“, sagte dazu Traumaexperte Jan Ilhan Kizilhan aus, und das Trauma der Jesiden ist kollektiv.
Alle Sachverständigen in der Anhörung – darunter auch eine junge Zeitzeugin, die selbst als Opfer des IS Grausamstes erleben musste – haben sich einstimmig dafür ausgesprochen, diese IS-Verbrechen auch in Deutschland als Völkermord anzuerkennen. Andere Staaten und die UNO haben dies bereits getan. UNITAD, das UN-Untersuchungsteam zu Verbrechen des IS hat dazu ganz klare Beweise gesammelt.
Die Anerkennung der Verbrechen als Völkermord und die juristische Verurteilung der Täter ist wichtig für die Befriedung der Region Shingal, für den Schutz der Menschenrechte weltweit, und sie ist das zentrale Anliegen aller Jesidinnen und Jesiden. Viele leben übrigens in Deutschland in der Diaspora.
In Deutschland liegt auch bereits ein Urteil des OLG Frankfurt vor, das einen IS-Terroristen 2021 wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt hat. Für die Sachverständige Düzen Tekkal, Gründerin des gemeinnützigen Vereins Hawar.help, der überlebende Jesidinnen betreut, ist dieses Grundsatzurteil ein Meilenstein.
Die Entscheidung über die Anerkennung des Völkermordes will der Bundestag möglichst noch dieses Jahr treffen. Dafür werde ich mich einsetzen.
Das Video zu dieser wichtigen Anhörung und die Stellungnahmen der Sachverständigen finden Sie hier.
Fotoausstellung „Die Frauen, die den IS besiegten“
Begleitend zur Anhörung hat der Hilfsverein Hawar.help gemeinsam mit der Farida Global Organization eine ganz besondere Fotoausstellung vor dem Reichstagsgebäude organisiert, die den Völkermord an den Jesiden und seine Folgen dokumentiert und Porträts von Überlebenden zeigt: „Die Frauen, die den IS besiegten.“
Die 2700 weißen Blumen am Ausstellungsort stehen symbolisch für die schmerzhafte Lücke, die Verschleppung und Versklavung von Jesiden durch die IS-Terroristen in die Herzen der jahrhundertalten Religionsgemeinschaft gerissen hat.
Die Veranstalterinnen haben sich sehr gefreut, dass ich die Ausstellung besucht habe und ein Interview mit mir geführt.
Auch Ali Ertan Toprak und Mehmet Tanriverdi von der Kurdischen Gemeinde Deutschland, die ich bei der Anhörung und später bei der Fotoausstellung getroffen habe, setzen sich für den Schutz der Jesiden in der kurdischen Region ein.