Bewegend und beeindruckend: Gespräch mit dem indigenen Menschenrechtsverteidiger Guillermo Tenorío aus Kolumbien!

Bewegend und beeindruckend: Gespräch mit dem indigenen Menschenrechtsverteidiger Guillermo Tenorío aus Kolumbien!

Wie wichtig es ist, dass wir dabei mithelfen, die Rechte von Menschen in anderen Ländern zu stärken, hat mir mein Gespräch mit Guillermo Tenorío Avilar am Donnerstag erneut deutlich gemacht. Er wurde begleitet von Mitarbeitern der renommierten Menschenrechtsorganisation kolko e.V.

Bewegendes Schicksal – beeindruckendes Engagement

Sein Schicksal und sein Engagement haben mich tief bewegt und beeindruckt. Er ist 75 Jahre alt und setzt sich in Kolumbien seit über 50 Jahren für Gleichberechtigung und Autonomie der indigenen Völker ein – was übrigens auch für den Schutz der Regenwälder und den Kampf gegen den Klimawandel von größter Bedeutung ist.

In den indigenen Gemeinden und Organisationen ist er eine hoch angesehene Persönlichkeit. Guillermo Tenorío ist Mayor der Nasa-Paez-Indigenen und von der UNESCO anerkannter Hüter spirituell-kulturellen indigenen Erbes.

Karte von Kolumbien: Wikipedia CC-BY-SA 3.0

1971 gründete er in seiner Heimatregion Cauca mit zwölf weiteren Personen die erste indigene Organisation Kolumbiens, den Consejo Regional Indígena del Cauca CRIC – bis heute eine der wichtigsten Organisationen – und war anschließend mehrere Jahre dessen Vorsitzender. Er ist heute das letzte noch lebende Gründungsmitglied. In den 1980er Jahren leitete er zeitweise auch die Nationale Dachorganisation indigener Gruppen in Kolumbien bzw. die Organización Nacional Indígena de Colombia ONIC.

„Militärisches Ziel“

Sein Einsatz ist immens wichtig, denn die Lage der indigenen Bevölkerung Kolumbiens, aber auch der afrokolumbianische und kleinbäuerlichen Gemeinden ist vielerorts sehr schlecht – besonders in im Department Cauca, wie Guillermo Tenorío eindrücklich schilderte.

Guillermo Tenorío schildert mir eindringlich die schwierige Lage der Indigenen in Cauca

So wurden hier seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen der Regierung Kolumbiens und der Guerilla-Gruppe FARC im November 2016 bis heute weit über Tausend indigene Menschenrechtsverteidiger/innen ermordet, allein über 100 letztes Jahr in Cauca. Die meisten waren Mitglieder des CRIC oder einer seiner Mitgliedsorganisationen. Viele andere Aktivisten wurden entführt oder sind einfach verschwunden. Gleichzeitig wurden Hunderte von Kindern und Jugendlichen von paramilitärischen Gruppen zwangsrekrutiert. Und gerade auch die Gewalt gegen Frauen und Mädchen nimmt zu.

Paramilitärische Gruppen und Drogenhändler haben auch Guillermo Tenorío wegen seines Einsatzes gegen Gewalt und für Menschenrechte, Frieden und Autonomie indigener Gemeinden zum „militärischen Ziel“ erklärt.

Die indigenen Selbstverteidigungsgruppen, die Guardias Indígenas, die mit friedlichen Mitteln versuchen, indigenes Leben und indigene Territorien gegen das Eindringen bewaffneter Gruppen zu schützen, können hier leider nur begrenzt helfen.

Und der kolumbianische Staat tut in diesen Regionen bisher zu wenig, um Guillermo Tenorío und andere Indigene zu schützen. So wurden 75 Prozent der speziell zur Unterstützung ethnischer Gruppen vereinbarten Maßnahmen aus dem Friedensabkommen bisher gar nicht oder nur geringfügig umgesetzt, auch wenn man sich von dem 2022 neu gewählten Präsidenten Gustavo Petro nach wie vor Fortschritte erhofft.

Vorübergehend Schutz in Deutschland

Nach mehreren Mordanschlägen musste Guillermo Tenorío deshalb jetzt zum zweiten Mal seine Familie und sein Land verlassen und Schutz in Deutschland suchen.

Gut, dass wir ihn deshalb im Rahmen des Bundestagsprogramms  „PsP – Parlamentarier schützen Parlamentarier“ und der u.a. vom Auswärtigen Amt finanzierten Elisabeth-Seibert-Initiative unterstützen, so gut es geht. Mein geschätzter Ausschuss-Kollege Frank Schwabe hat für ihn die Patenschaft im PsP übernommen.

Internationale Aufmerksamkeit bietet Sicherheit

Ich werde gemeinsam mit Frank Schwabe überlegen, wie wir Guillermo Tenorío auch nach der Rückkehr in seine Heimat Ende des Jahres weiter schützen und ihn in seinem Kampf für Gerechtigkeit stärken können – auch vor dem Hintergrund der im Juni 2022 in Deutschland in Kraft getretenen ILO-Konvention 169 zum Schutz Indigener Völker.

Internationale Aufmerksamkeit kann die Sicherheit erhöhen. Wichtig ist, dass wir von Deutschland aus Signale senden, dass wir die Menschenrechtslage, den Einsatz von Guillermo Tenorío und das Engagement der indigenen Menschenrechtsorganisationen in Kolumbien genau beobachten.