Schwierige Diskussion: „Mória - Geplante Krise an den EU-Außengrenzen?“

Einen leichten Stand hatte ich nicht bei der Diskussion am 22. Januar, zu der Bischof Peter Kohlgraf vom Bistum Mainz und der Verein „Pax Christi“ mich eingeladen hatte.

Das provokante Thema: „Mória – Die Geplante Krise an den EU-Außengrenzen?“

Professor Dr. Gerhard Trabert schilderte zu Beginn mit bewegenden Worten und Bildern die katastrophale Situation in dem neuen Flüchtlingslager Kara Tepe auf Lesbos, die er bei seinem Besuch persönlich erlebt hat. Sein Fazit: Die Gesundheitsversorgung und die Hygienebedingungen sind schlecht. Die Zelte sind den schlechten Witterungsbedingungen nicht gewachsen. Corona verschlimmert die Lage. Das macht besonders den über 200 behinderten Flüchtlingen in dem Lager zu schaffen. Diese Schilderung hat auch mich sehr betroffen gemacht und bedrückt. Ich verstehe deshalb den Wunsch von Professor Trabert und anderen Diskussionsteilnehmern, dass diese Menschen dringend evakuiert werden sollten, und dass Deutschland bei der Aufnahme vorangehen solle.

Aber eine Evakuierung und ein deutscher Alleingang wäre aus meiner Sicht keine Lösung. Mit einer Evakuierung würden wir nur falsche Signale senden, und die Lager wären schon bald wieder mit neuen Flüchtlingen überfüllt. Stattdessen müssen wir die Hilfe vor Ort so schnell wie möglich weiter verbessern und an weiter an einer europäischen Lösung arbeiten. Fehler müssen wir bekämpfen. Wir haben Griechenland deshalb weiter jede erforderliche Unterstützung vor Ort zugesagt und größtenteils umgesetzt – mit THW-Experten, mit winterfesten Zelten, Feldbetten, Schlafsäcken, Sanitätscontainern, Gesichtsmasken und anderen Hilfsgütern im Wert von insgesamt 4 Mio. Euro in den letzten beiden Jahren. Auch die EU hat viele Millionen für die Flüchtlingslager in Griechenland bereitgestellt. Teilweise kommt die Hilfe leider nicht richtig an.

Deutschland hat auch ein wichtiges humanitäres Zeichen gesetzt und zugesagt, insgesamt 2.700 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus griechischen Lagern aufzunehmen teilweise im Rahmen einer europäischen Initiative einer „Koalition der Willigen“. Davon sind rund 1.500 Flüchtlinge bereits in Deutschland – wegen Corona hat sich die Aufnahme leider verzögert. Wir stehen damit bei der Übernahme von Flüchtlingen von den griechischen Inseln europaweit an der Spitze.

Diese Hilfe allein reicht natürlich nicht. Doch ohne ein umfassendes Gesamtkonzept sind weitere direkte Aufnahmen von der EU-Außengrenze nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Wir arbeiten deshalb mit Hochdruck weiter an einer europäischen Lösung – und daran, die Koalition der Willigen in Europa weiter zu stärken. Die weiteren Teilnehmer des Gesprächs waren: Jana Freudenberger von pax christi Rhein-Main – Bernward Ostrop vom Deutschen Caritasverband – und die Moderation Nadja Baran.

 

Foto: Alea Horst