Delegationsreise nach Ägypten

Delegationsreise des Ausschusses für Menschenrechte nach Ägypten 12.11. – 15.11.18

Meine erste Auslandsreise als Mitglied des Ausschusses für Menschenrechte hat mich nach Kairo geführt. Wir haben uns dort über die Situation christlicher und ethnischer Minderheiten informiert Ebenso hatten wir konkrete Fälle von inhaftierten Ägyptern im Gepäck, bei denen aus unserer Sicht Menschenrechtsverletzungen vorliegen, wie beim Fall Amal Fathy.

Kairo von oben – Tahir-Platz – Parlament – Koptische Kathedrale

Bei unserem Gespräch mit dem ägyptischen Parlamentspräsidenten Dr. Ali Abdel-Al wurde sofort deutlich, wie unterschiedlich die Sichtweisen im Umgang mit freier Meinungsäußerung und Regierungskritikern sind. Was wir als Deutsche als politische Verfolgung ansehen, dient aus ägyptischer Regierungssicht allein der Stabilisierung und dem Schutz der Nation. Dies zog sich wie ein roter Faden auch durch die Gespräche der nächsten Tage mit dem stellvertretenden Außenminister, dem Generalstaatsanwalt, dem ägyptischen Menschenrechtsausschuss und weiteren offiziellen Vertretern. Gleichzeitig hat die ägyptische Seite immer wieder ihr hohes Interesse an einer guten partnerschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Deutschland zum Ausdruck gebracht.

Weitere Gespräche mit religiösen Führern, Menschenrechtsanwälten, Oppositionellen, deutschen Pressevertretern und Vertretern der Christen haben uns insgesamt ein differenziertes Bild der politischen und allgemeinen Lage in Ägypten ermöglicht. Besonders beeindruckt hat mich die Diskussion mit dem Großscheich der Al-Azhar-Universität Kairo, Professor Dr. Ahmed El Tayyeb. Als einer der wichtigsten theologischen Autoritäten der Sunniten grenzte sich der Großscheich entschieden von dem Einfluss radikaler Kräfte im Islam ab. Nicht minder eindrucksvoll war für mich das Treffen mit dem koptischen Papst Tawadros II.

Eine ganz andere Welt empfing uns beim Besuch einer der sechs “Müllstädte” in Kairo. Wir erhielten einen tiefen Einblick in das Leben der Menschen vor Ort, vor allem der Christen. Denn sie organisieren im Wesentlichen die Müllentsorgung der Megametropole mit 25 Millionen Einwohnern. Eine staatliche Müllabfuhr gibt es nicht! Noch nie in meinem Leben war ich mit so viel bitterer Armut konfrontiert. Gleichzeitig strahlten diese Menschen Zuversicht, Würde und Stolz aus. Eine Kirche im Felsen haben sie sich auch gebaut. Von offizieller Seite wurde immer wieder betont, dass Ägypten ein wesentlicher Stabilitätsfaktor in der Region und im Kampf gegen den Terrorismus ist. Dieser Meinung schließe ich mich zweifelsohne an. Wir haben in unseren Gesprächen deshalb immer wieder gesagt, wie wichtig eine lebendige Zivilgesellschaft für eine dauerhafte Stabilität ist. Eine Zivilgesellschaft ist aber nur dann lebendig, wenn sie nicht ständig in der Angst vor Repressionen leben muss, nur weil die Menschen ihre Meinung sagen wollen.

Ein wichtiger Baustein für mehr Freiheit kann die geplante Überarbeitung des umstrittenen NGO-Gesetzes sein. Das würde die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen erleichtern – bzw. erst wieder möglich machen, wie bei der Konrad-Adenauer-Stiftung, die seit Jahren nicht mehr in Ägypten aktiv sein darf.

Mein Fazit:
Ich denke, dass wir sicherlich nicht die angenehmsten Gesprächspartner für die offiziellen Vertreter waren und zum Nachdenken angeregt haben. Genau dies sollte aber auch die Aufgabe von Menschenrechtlern sein – gerade wenn man das Privileg hat, selber jederzeit und überall in jeder Hinsicht frei zu sein.

Last, but not least:
Ein großes Kompliment an die Botschaft in Kairo!
Botschafter Julius Georg Luy und sein Team haben uns bei der gesamten Reise hervorragend unterstützt. Es hat mich schon stolz gemacht, dass unser Land so würdig und kompetent vertreten wird.