Spannende Anhörung zu unserem Fusions-Antrag: Unsere Strategie für eine „heiße“ Technik - Kernfusion als Gamechanger für die Energie der Zukunft?!

Spannende Anhörung zu unserem Fusions-Antrag: Unsere Strategie für eine „heiße“ Technik - Kernfusion als Gamechanger für die Energie der Zukunft?!

Unendlich viel saubere Energie durch Kernfusion herstellen, wie die Sonne es vormacht, und die wir bei unserem ständig wachsenden Energiehunger nur zu gut gebrauchen können?

Das erste Wasserstoff-Plasma in Wendelstein 7-X vom 3. Februar 2016. Es dauerte eine Viertelsekunde und erreichte eine Temperatur von rund 80 Millionen Grad Celsius. Bei der Kernfusion sind unabhängig von der Technik Temperaturen von 100 Millionen Grad und mehr notwendig, um Wasserstoffisotope zu Helium zu verschmelzen und dabei Energie freizusetzen – bis zu zehnmal höher als in der Sonne!
Foto: Max-Planck-Institut für Plasmaphysik/Wigner RCP

Fusionsenergie erst in 30 bis 50 Jahren?

Zu komplex, zu ineffizient, zu unausgereift, zu teuer: Vor 2050 wird es keine wirtschaftliche Fusionsenergie durch Menschenhand geben – darin waren sich bis jetzt die meisten Experten einig.

Für den großen internationalen Experimental-Fusionsreaktor ITER in Cadarache/Frankreich auf der Basis des Tokamak-Prinzips – mit supraleitenden Magnetspulen zum Einschluss des heißen Plasmas –, dessen Fertigstellung sich immer weiter verzögert, mag das vielleicht zutreffen. Zumal hier staatliche Verhandlungen zwischen rund 35 beteiligten Ländern das Ganze zusätzlich in die Länge ziehen.

Aber bereits die Entwicklung von ITER selbst hat bisher sehr wichtige neue Erkenntnisse auf dem Weg zur Kernfusion geliefert – ebenso wie die größte Stellerator-Anlage der Welt Wendelstein 7-X in Greifswald. Das Stelleratorprinzip arbeitet mit verdrillten Magnetspulen und hat erst im Februar einen neuen Meilenstein erreicht.

Startups gehen neue Wege und sind schneller

Und was, wenn Fusions-Startups, die zum Teil auch neue technologische Wege mit der laserinduzierten Trägheitsfusion gehen – die Ende 2022 einen historischen Durchbruch erzielt hat – und von viel Wagniskapitel getrieben, viel schneller erfolgreich sein könnten?

Bisher gibt es weltweit 43 Fusions-Startups, davon vier in Deutschland.

So hat das Münchner Start-up Marvel Fusion kürzlich angekündigt, ein laserbasiertes Kernfusions-Kraftwerk zu bauen – allerdings nicht in Deutschland, sondern in den USA zusammen mit der Colorado State University, weil nur dort die Finanzierung stimmt: In den USA fließen schon heute Milliardeninvestitionen jährlich in die Fusionsenergie – bei uns in Deutschland dagegen nur rund 225 Millionen laut einer aktuellen Studie von Strategy&.

Wenn die Technik funktioniert, könnten wir damit vielleicht auch bei uns schon in 15 Jahren saubere, sichere Energie produzieren und unsere Energieversorgung unabhängiger machen.

Noch sind bis dahin allerdings zahlreiche technische Hürden zu überwinden. Und noch ist auch nicht klar, welcher Technologiepfad zur Kernfusion am ehesten erfolgreich sein wird.

Experten geben uns recht: Alle Optionen nutzen für den Fusionsstandort Deutschland

Damit wir auf diesem Weg auch in Deutschland erfolgreich sein können, fordern wir in unserem Antrag klare Ansagen von der Ampel-Regierung zur Fusionsforschung. Das kürzlich vorgestellte Positionspapier des BMBF dazu ist nicht nur aus unserer Sicht sehr rudimentär. Auch die Mittelausstattung des neuen Förderprogramms reicht nicht aus.

Bei der Anhörung zu unserem Antrag im Forschungsausschuss am Mittwoch – Wiederholung hier in der Mediathek – haben uns die Experten recht gegeben, wenn wir fordern:

  • Wir müssen auch in Deutschland neue Wege bei der Förderung der Fusionsforschung
  • Wir müssen alle Optionen für die Fusionsforschung und die Energiegewinnung der Zukunft nutzen – und dabei unsere großen Stärken in der Grundlagenforschung, der Systemkompetenz und in der Lasertechnik optimal nutzen.
  • Wir brauchen eine Kernfusionsstrategie, die ihren Namen verdient und ausreichende Mittel für die Fusionsforschung bereitstellt oder hebelt.
  • Wir brauchen schon jetzt eine innovationsfreundliche Regulierung für die Fusionstechnologien, die es in Ländern wie Großbritannien und den USA längst gibt, damit künftige Investoren auch bei uns in Deutschland frühzeitig Planungssicherheit für den Bau von Fusionskraftwerken Sonst werden wir international abgehängt!
  • Wir müssen den Bau von zwei Fusionsreaktoren unterschiedlicher Technik in Deutschland mit Hilfe von Meilenstein-Wettbewerben fördern – klassische Förderprogramme oder auch die Förderung über die Agentur für Sprunginnovationen SPRIND reichen hier nicht

Plattformtechnologien bringen den Durchbruch

SPRIND-Chef Rafael Laguna de la Vera (Mitte)

Rafael Laguna de la Vera, Chef der SPRIND-Agentur, betonte in der Anhörung, wie wichtig gerade die ausreichende Finanzierung der Fusionsforschung ist – aber besonders auch die Weiterentwicklung von Plattformtechnologien wie Hochleistungslaser, Hightech-Supraleiter, 3-D-Druck, die für die Kernfusion unerlässlich sind.

Damit kann man zudem auch in anderen Technologiebereichen große Durchbrüche erzielen und profitieren – auch falls die Energieerzeugung mit Kernfusion wider Erwarten doch nicht wirtschaftlich werden sollte.

Regulierung, Fusions-Ökosystem und Zusammenarbeit mit Startups essentiell

Prof. Dr. Markus Roth, TUD, Focused Energy

Zugeschaltet von der 12. Internationalen Laserfusions-Konferenz in Denver/Colorado, plädierte Prof. Dr. Markus Roth – Laserspezialist der TU Darmstadt und Mitgründer des Darmstädter Fusions-Start-ups Focused Energy – insbesondere für eine enge Zusammenarbeit von Industrie, öffentlicher Forschung und Startups bei Entwicklung und Bau von Fusionskraftwerken. Auch sein Startup wird von US-Investoren gefördert.

Dass zu einem erfolgreichen Innovationsökosystem auch die konsequentere Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die enge internationale Zusammenarbeit in der Fusionsforschung gehört – natürlich auf Augenhöhe – versteht sich nicht nur für ihn von selbst.

Dr. Francesco Sciortino, Proxima Fusion (rechts )

Ebenso wie Prof. Roth und andere Experten bestätigte auch Dr. Francesco Sciortino (rechts im Bild) – dessen Startup Proxima Fusion GmbH das Stelleratorprinzip weiterentwickeln wird – unsere Forderung, dass wir so schnell wie möglich die richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Kernfusion nach dem Vorbild Großbritanniens und USA schaffen müssen.

Zu beachten dabei: Kernfusion ist ungefährlich und eine völlig andere Technologie als Kernspaltung – und sollte deshalb ganz anders reguliert werden.

Kernfusion als Gamechanger bei der Energie der Zukunft – große Vorteile – Akzeptanz wichtig!

Kernfusion kann zum Gamechanger bei der Energieversorgung der Zukunft werden. Damit die neue Technik auch von der Bevölkerung akzeptiert wird, müssen wir die Vorteile der Kernfusion noch besser erklären:

  • Kernfusion ist CO2-neutral,
  • wetterunabhängig,
  • ressourcensparend: In einem Glas Meerwasser steckt mit ihrer Hilfe so viel Energie wie in einem Barrel Öl! Oder anders: Mit einem Kilo Fusionsbrennstoff kann ein großes Kraftwerk einen Tag lang laufen.
  • Kernfusion ist ungefährlich, da bei einer technischen Störung die Temperatur abfallen und die Reaktion unterbrochen würde, und weil sich in einem Fusionsreaktor nur wenige Gramm fusionsfähiges Material befinden – also keine Super-GAU-Gefahr!
  • Und ganz wichtig: Kernfusion produziert kaum radioaktiven Abfall, der außerdem kurzlebig und recyclebar ist – also keine Endlagerproblematik!

Energiemix bleibt wichtig

Eins ist allerdings schon jetzt sicher: Wir werden auch in Zukunft einen Energiemix brauchen, in der unterschiedliche Technologien flexibel eingesetzt werden – von erneuerbaren Energien über Wasserstoff bis hin zur Kernfusion.